Vom Misserfolg

Auf der Frühjahrstagung des Solidarischen Landwirtschaftsnetzwerk im Februar diesen Jahres fand ich mich in einem Workshop zum Thema „Burn out Prävention“ wieder. Dort kamen wir auch auf den Druck der sozialen Medien zu sprechen. Bei den anderen sehen die Bilder auf den Homepages und anderswo immer so aus, als ob alles super läuft. Oft meinen wir ja die anderen bekommen alles besser hin, als man selbst.

Also möchte ich euch heute mal all die „Misserfolge“ dieser Saison teilen.

Klimamässig war es dieses Jahr feucht und die Tag-Nacht-Temperaturunterschiede waren oft sehr groß mit Taubildung. Ein ideales Wetter für Pilzkrankheiten. Außerdem war dieses Jahr ein echtes Schädlingsjahr mit massenhaft Läusen, Drahtwürmern, Engerlingen oder Dickmaulrüsslern u.a.

Heute habe ich gerade entdeckt, dass wir die Bakterienweichfäule im Sellerie haben.

Auch der Rotkohl war von der Bakterienweichfäule befallen und wir konnten nur 25% des Bestandes ernten. Rotkohl zu Weihnachten vom eigenen Acker wird dieses Jahr also nichts.

Auch der Falsche Mehltau treibt dieses Jahr mächtig sein Unwesen und hat unsere Steckrüben und den Chinakohl befallen.

Der sommerliche September hat binnen kürzester Zeit zur massenhaften Verbreitung des Echten Mehltaus geführt. Hier zu sehen auf den Lagermöhren, welche wir nun etwas eher als geplant ins Lager holen werden.

Wir mussten dieses Jahr die Tomaten und Paprika wieder in unseren einzigen Folientunnel anbauen. (Deswegen bauen wir im Herbst noch einen zweiten Folientunnel auf). Dazu kommt noch der karge Ackerboden und man merkt deutlich, dass die Pflanzen darunter zu leiden haben. Da hat auch die Brennesljauche nicht viel geholfen.

Und manchmal ist es auch eine Fehleinschätzung, welche geringere Erträge nach sich zieht. So haben wir im Frühjahr vor den Kürbissen, Zucchini und Zuckermais jede Menge holzigen Kompost ausgebracht, welcher dann doch erstmal den Stickstoff im Boden festgesetzt hat. Die Untersaat mit Kleegras hat dann die Kürbisse überholt. So konnten wir dieses Jahr nur zwei Mal kleinere Kürbisse an unsere Mitglieder liefern.

Und unsere Lagerzwiebeln waren witterungstechnisch auch nicht so lagerfähig wie gehofft und wir mussten ein großen Teil schon Anfang September an die Mitglieder verteilen.

Nicht nur auf dem Feld, auch drumherum läuft nicht immer alles nach Plan. Der erhoffte Brunnen im Frühjahr wurde dann erst im September fertig und hat fast 5.000 Euro mehr gekostet als eingeplant, da wir 30 m tiefer bohren lassen mussten. (Aber wir haben nun glücklicherweise Brunnenwasser – Ende gut, alles gut.)

Zu guter letzt habe ich mich auch für ein langsameres und gesünderes Wachstum der Gärtnerei entschieden, weswegen wir aus finanzieller Sicht keine weitere Anstellung leisten können. Somit konnten wir nur 5 Monate eine Anstellung bewerkstelligen, welche auf ein Jahr ausgelegt war.

Dieses Jahr kam es sogar hin und wieder vor, dass ein Mitglied vor leeren Kisten stand.

Und dennoch könnte ich euch auch nur die Bilder von blühenden Wiesen und gesundem glänzenden Gemüse zeigen. Wir haben so eine große Vielfalt auf dem Acker, dass die „Misserfolge“ den Mitgliedern gar nicht auffallen, denn die wöchentliche Gemüsekiste ist immer prall gefüllt mit bis zu 14 verschiedenen Gemüsearten und Kräutern.

Unsere Solawi-Gemeinschaft wird auch immer geselliger und wir hatten viel Freude beim Sauerkrautmachen und anderen Arbeitseinsätzen.

Im Grunde ist alles gut und entwickelt sich prächtig. Aber zu all den tollen Bildern und Darstellungen auf unserer Homepage gehört natürlich auch die andere Seite der Medaille. Es gehört immer beides zusammen. Erfolg und „Misserfolg“. Nur, dass ich den „Misserfolg“ als Erfahrung und unter Dazugelernt verbuche.

Gerade heute musste ich zweimal ins Depot fahren, weil ich etwas vergessen hatte. Auf dem erneuten Weg zum Depot hab ich mich noch geärgert über den Zeit- und Spritverlust. Aber als ich dann ankam konnte ich im richtigen Moment ein Missverständnis auflösen und habe noch ein erfüllendes Gespräch über den Sinn des Lebens geführt.

Beim nächsten Mal, wenn etwas meinen Plan durchkreuzt werde ich mich einfach zurücklehnen und mich darauf freuen, wozu es wohl diesmal gut sein wird.

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